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Dienstag, 11. November 2014

Mein täglicher Weg

Nachdem ich euch immer wieder von meinen Erlebnissen während der Woche berichtet habe, möchte ich euch nun das Alltäglichste mitteilen. Meinen täglichen Weg zur Uni. Ich möchte nicht vergessen ihn euch zu erzählen, doch für mich ist er nach über zwei Monaten so normal wie mein Weg zur Schule. Nun möchte ich euch mitnehmen auf diesen Weg, versucht euch beim lesen Bilder zu malen und diese mit Leben zu füllen. Auf offener Straße werde ich keine Fotos machen, außerdem könnten diese Fotos nicht annähernd das wiedergeben, was ich versuchen werde zu beschreiben. Versucht es am besten zu zweit, eine Person ließt den Text, die andere darf sich zu mir nach Johannesburg träumen. (also kurz mal aus dem Herbst in den Frühling reisen ;) )

(für alle die wenig Erfahrung mit Einleitungen bei Traumreisen haben hier ein Beispiel: Schließ bitte die Augen - Du wirst jetzt ganz ruhig - lehnst dich entspannt zurück - eine kleine Wolke hebt dich sachte in die Luft und trägt dich fort - dir wird wärmer - es weht dir ein milder Wind ins Gesicht - du hörst exotische Vogelstimmen - langsam spürst du wieder Boden unter den Füßen - und du stehst auf einem Flur der zur rechten Seite offen ist – du siehst die saftig grünen Bäume des Nachbargartens, die strahlende warme Sonne an einem Blauen Himmel. - Du bist nun in Johannesburg, vor der Wohnungstür des Zimmers 406 am Princess Place 11 angekommen. - Du fühlst dich bereit für den täglichen Weg zur Uni. )

Der Weg beginnt an unserer Wohnungstür im 4. Stock. Nachdem ich die Tür mit einem gutem Schwung verschlossen habe, muss ich auch noch das Metallgitter vor die Tür schließen. (nach dem Knall ist ein leises Quietschen zu hören ) während ich zu der Treppe gehe, kann ich, wenn ich genau hinschaue, in den Bäumen des Nachbargartens ein altes Telephon, eine Socke und einen Kleiderbügel erkennen. Kurz vor der Tür zum Treppenhaus sehe ich in der Ferne, hinter ein paar Satellitenschüsseln, die grauen Hochhäuser von Newtown. Nun geht es die acht mal neun Stufen herunter. Da du erst gerade auf 2000 Metern angekommen bist, bist du nach zwei Stockwerken schon leicht außer Atem und fragst dich warum die nicht den Lift genommen hast. Ach ja, der soll ja nicht so ganz zuverlässig funktionieren und sieht von innen auch antik aus. Also doch besser die Treppen, nach zwei Monaten ist die dünnere Luft auch kein so großes Problem mehr. Im Hauseingang murmelt dir der Security gard irgendwas wie "Morning, how are you?" zu, auf das standartgemäß mit "fine. Thank you, how are you?" geantwortet wird.
Nachdem wir das Haus verlassen haben, sehen wir links den Hillbrow tower und ein paar Hochhäuser, rechts die Straße hinunter stehen Phoenix Washingtonias in der Straßenmitte. Nach wenigen Schritten treffen wir den Straßenkehrer und grüßen mit einem fröhlichem " Morning, how are you?" dieser antwortet meistens "Thanks, how are you" nach ein zwei Sätzen über unsere Arbeit wünschen wir uns gegenseitig einen schönen Tag. Am Ende unserer Straße wird das Geräusch von Autos, Hupen uns quietschende Bremsen deutlich lauter und wir gehen links die Queens Road entlang bis zur Kreuzung mit der Empier Road. Diese Kreuzung mit drei Spuren pro Richtung, jagt dir einen kleinen Schrecken ein, als du siehst das die Ampel mal wieder nicht funktioniert und der Verkehr der morgendlichen Rushhouer nicht stoppen möchte. Also bleiben wir stehen, verschaffen uns einen Überblick wann er fährt. Nach kurzer Zeit hast du das System soweit durchschaut und wagst dich ganz schnell über die ersten drei Fahrspuren, während der Gegenverkehr rechts abbiegt und somit der Verkehr auf den Spuren, die du gerade überquerst anhalten muss. Gerade bist du in der Mitte der Kreuzung auf einem schmalen Streifen angekommen, rast auch schon ein Taxi von hinten heran und biegt links ab, gerade da wo du noch vor 5 Sekunden gestanden hast. Die zweite Hälfte der Fahrbahn ist einfacher zu überqueren da musst du einfach nur aufpassen, wann gerade mal kein Auto kommt oder die Fahrer so nett sind und dich über die Straße lassen.
Nun hörst du rechts auf der anderen Straßenseite Kinder rufen, es ist eine von Coca Cola gesponserte Grundschule in der um 8 der Unterricht beginnt. Weiter geht es den Berg hinauf zum Costitution hill. Zunächst müssen wir aber noch eine kleinere Straße überqueren und am 2 Meter hohem Metallblech Zaun der Hillbrow-police-Station entlang laufen. Wir wechseln die Straßenseite wenn wir fast an der Kuppel des Berges angekommen sind und gehen an rechts an der Fassade des Constitution Curts (Verfassungsgericht, Oberster Gerichtshof Süd Afrikas) entlang. Links von uns befinden sich hinter einem grünem Wall ein altes Fort. Entlang des Weges sind auf einer Betonmauer die Gesichter und Namen der bekannteren ehemaligen Inhaftierten abgebildet. Unter anderem auch Gandhi und Mandela. Über dir in den Akazien zwitschern ein paar gelbe Webervögel und rechts aus dem Lautsprecher an einem Turm in dem immer ein kleines Feuer der Demokratie brennt, schallt afrikanische Chor Musik. Nun geht es noch ein paar Treppenstufen hoch und der höchste Punkt auf unserem Weg ist erreicht. Doch du kannst dir keine Pause gönnen, wir lassen das Womens Jail links neben uns und müssen schon die nächste große Kreuzung überqueren. Hier funktioniert jedoch die Ampel sogar durch Geräusche unterstützt. Um die Busspur und die Rechtsabbiegerspur zu überqueren gibt es zwar auch funktionierende Ampeln, auf diesen Spuren ist jedoch meistens so wenig los das ich selten auf die Ampeln angewiesen bin.
Du siehst nun in weiter ferne einen großen Funkturm und die endlosen Häuser von Johannesburg, während links neben dir der Verkehr rauscht. Wir gehen nun auf das Joburg Theater zu, dessen roter Schriftzug schon von weitem leuchtet. die Straße macht eine Linkskurve und führt nun leicht bergab. Wir benutzen die Ampel vor der Bushaltestelle um sicher über die Straße zu gelangen und sind ein paar Stufen hinunter auch schon im Theater Park. Nachdem du dem falsch eingestelltem Rasenspränger ausgewichen bis, beobachtest du im vorbeigehen die Tauben und Ibise auf der Grasfläche und bewunderst die Beete voller Strelizien. Vorsicht ,vor dir ragt ein Ast der Dornenakazie über den weg, der mit 5 cm langen Dornen besetzt ist.
Von nun an geht es nur noch die eine Straße bergab. Du siehst Parkplatzanweiser bei ihrer Arbeit, verschiedene Menschen ein ihrer individuellen Arbeitskleidung. Männer im Buissnesanzug genauso wie Frauen in der Uniform eines Putzunternehmens. Die Geschäfte auf deiner linken Seite bestehen aus einem bunten Mix. Haarsalons reihen sich an Röntgenpraxen, Tattowstudios an kleine Restaurants. Dazwischen Eingänge zu Gebäuden die ich im vorbeigehen nicht zuordnen kann. Nachdem wir ein paar Einbahnstraßen überquert haben sehen wir auf der anderen Straßenseite eine kleine Schlange vor einem Shop stehen. Da wir noch ein wenig Zeit haben, und heute morgen das Frühstück etwas zu klein ausgefallen ist, wechseln wir die Straßenseite und stellen uns in die Schlange. Im Laden wird moderne Musik gespielt, uns kommt aber keines der Lieder bekannt vor. Das Angebot besteht aus Softdrinks, Popcorn, anderen kleinen Snacks und natürlich Vatcake. Vor uns steht ein Bauarbeiter und hinter uns eine Frau im lockeren Bürooutfit. Du kaufst für 2 Rand zwei Vatcakes. Den einen isst du gleich war aus der Blauen Plastiktüte. Er erinnert dich an Krapfen oder Quarkbällchen. Solange der Vatcake warm oder gar heiß ist schmeckt er am besten. Den zweiten lässt du in der Tüte und verstaust ihn in deinem Jutebeutel.
Nun ist es fast geschafft, nach dem Lieferanteneingang von Pick n' Pay siehst du schon das University Corner Building. Die Letzte Straße ist allerdings wieder eine kleine Herausforderung mit ihren drei Spuren pro Richtung. Zunächst wartest du bis sich ein Stau gebildet hat. Dann kannst du bedenkenlos durch die Autos hindurch gehen. Für die andere Hälfte musst du den Moment abpassen in dem alle Autos die aus Richtung Nelsen-Mandela Brücke kommen an der Ampel stehen müssen und die Linksabbieger schon vorbei sind.
Nach diesem kleinen Spaziergang kommst du gut gelaunt im WITS Art Museum an. Nachdem du den Wachmann fröhlich gegrüßt hast, öffnet er für dich die Glastür zu den Aufzügen. Du nimmst nach kurzem waten den nächsten Aufzug der kommt und fährst nach oben in den 14. Stock. 
 
(Nun folgt ein Beispiel für ein Ende einer Traumreise: Du schwebst weiter nach oben – wie von Schnüren gezogen werden deine arme und Beine ganz leicht – du blickst von oben herab auf den weg den du gerade gegangen bist – genießt die Letzten warmen Sonnenstrahlen – deine kleine Wolke wartet schon auf dich – du fühlst dich ganz entspannt – langsam spürst du wieder den Boden unter dir – wenn du möchtest kannst du gleich wieder langsam deine Augen öffnen. - Du bist wieder dort zurück von wo du deine kleine reise gestartet hast „Namen oder Ort einfügen“.)

Ich hoffe ihr habt alle eure kleine Reise genossen und könnt euch durch diesen kleinen Trick besser vorstellen was ich hier jeden Tag sehe und fühle. Den Text habe ich vollkommen ohne schriftliche Aufzeichnungen geschrieben. Rein aus meiner Erinnerung, ihr könnt den Weg ja auch auf google maps verfolgen, aber ihr könnt ihn nicht fühlen. Alles was ich hier berichtet habe ist eine selektierte subjektive Erinnerung. Dieser Bericht ist absolut nicht geeignet um sich ein objektives Bild von Johannesburg zu machen !!!

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