Liebe
Bloggleser,
eigentlich
wollte ich mich mit einem erfreulicherem Thema uns schönen Fotos aus
meinem Urlaub mit meiner Familie zurückmelden, jedoch lassen mir die
Aktuellen Geschehnisse in Südafrika keine Ruhe. Vielleicht habt ihr
Anfang der Woche von den Xenophobia (PONS: „Fremdenhass“ ich
hätte es eher mit „Angst vor Fremden“ übersetzt) attacs
mitbekommen. Das thema Xenophobia ist für mich nicht neu, seit
Anfang des Jahres gibt es immer mal wieder trauringen Anlass darüber
zu sprechen.
Für
alle die das Wort noch nie gehört haben, werde ich kurz erklären
worum es sich handelt. Mit Xenophobia werden speziell in Südafrika
alle Verbrechen bezeichnet die von (schwarzen) Südafrikanern gegen
(schwarze) Einwandere und Flüchtlinge (aus Zimbabwe, Botswana,
Malawi, Äthiopien, Mosambik und anderen Afrikanischen Staaten)
getätigt werden. Der Begriff wird getrennt von Rassismus verwendet,
welcher in Südafrika meistens einen Konflikt zwischen Schwatz und
Weiß bezeichnet. Da für mich die Übersetzung von PONS sehr
hetzerisch klingt werde ich im folgenden auch nur von Xenophobia
sprechen, was der englische (und somit der von mir der meist gehörte)
und griechische (und somit etwas nüchtern/wissenschaftlich/objektiv
klingender) Ausdruck ist.
Auslöser
einer solchen Gewalttat kann vieles sein. In Januar und Februar wurde
in Soweto ein Kind eines Südafrikaners von einem Pakistanischem
Ladenbesitzer erschossen. Darauf hin wurden sämtliche kleine Läden
mit Pakistanischen und Indischen Besitzern von Südafrikanern
gestürmt und geplündert. Der wahre Hintergrund ist, dass in diesen
Läden oft die Waren etwas billiger angeboten werden und somit
Südafrikanern weniger Kunden haben.
Ein
häufig benutztes Argument der Südafrikanern ist, dass die
Einwanderer ihnen die Arbeitsplätze
wegnehmen würden. Anfangen
haben die aktuellen Ausschreitungen
nach einer Rede vom
Zulu König Goodwill Zwelithini. In Südafrika haben die Oberhäupter
der sog. Tribes ( PONS: Stämme d.h. Zulu, Xhosa, Swana, Nebele,
Shoto, San, Pedi,
Venda, Twsonga, Swati)
zum
Teil
immer
noch
sehr hohes Ansehen
und Macht,
obwohl sie nach der Verfassung
ganz normale Bürger sind. Dieser König forderte alle Ausländer
auf, Südafrika zu verlassen. Darauf hin attackierte
eine Gruppe
von radikalen Zulus Stadtteile von Durban in denen besonders
viele Einwanderer leben. Einige Menschen wurden daraufhin auf äußerst
brutale und bestialische Art
und Weise
ermordet (an dieser Stelle
möchte ich keine weiteren Beschreibungen
machen, es existieren
genug Bilder im Internet). Auch wenn ich nicht zu den direkten Zielen
solcher Gewalttaten
gehöre,
finde ich es sehr beängstigend, dass Menschen in dem Land in dem ich
nun
mal
lebe nur aufgrund ihrer Nationalität
getötet werden, und
das nur c.a. 8 Stunden Fahrzeit
südlich von mir. Eine andere ELM Freiwillige hat gestern folgendes
über Facebook veröffentlicht:
„Seit ca. 2 Wochen gibt es in den umliegenden Townships von Durban immer mehr Ausschreitungen von Südafrikanischer Seite gegen Ausländer, besonders Flüchtlinge.
Am Dienstag kam es ebenfalls zu Ausschreitungen in der Innenstadt Durbans. Unter anderem genau in dem Viertel, in dem mein Projekt ist, was ein Flüchtlingskindergarten ist. In den umliegenden Straßen wohnen ebenfalls sehr viele Ausländer.Um die Mittagszeit kamen meine Mitarbeiter schreiend und weinend rein und meinten, dass die Menschengruppe hier sei und auch uns attackieren wird. Zur selben Zeit kamen die Eltern der Kinder zum Teil weinend in die Klassen und haben ihre Kinder geschnappt und sind nach Hause gelaufen. Sie haben geschriehen 'They are coming to kill us.' Ich habe meinen Mitbewohner Diego angerufen und ihn angefleht mich abzuholen, denn zum Glück wurden die Menschenmassen, die mit Buschmessern und Äxten bewaffnet war, noch auf der Querstraße zurück gehalten. Als wir dann los gefahren sind sahen wir die schreienden Menschen, angezündete Autoreifen und Polizei. Wir sind noch aus der Innenstadt raus gekommen und haben ebenfalls schnell unsere Mitbewohnerin Kim Ly abgeholt, da sie auch in einem der betroffenen Stadtteilen arbeitet. Soweit sind wohl alle meine Mitarbeiter, die auch so gut wie alle Ausländer sind und die Kinder aus der Schule sicher.Aber direkt in meiner Projektgegend wurden Menschen auf brutale Art getötet, ich darf für die nächsten Tage nicht mehr in mein Projekt. In der Stadt ist sind die Ausschreitungen soweit unter Kontrolle, aber in den Townships noch längst nicht.Hier dazu noch ein Beitrag auf dem Blog meiner Mitbewohnerin Kim Ly.https://otterpfote.wordpress.com/…/xenophobie-attacken-auf…/“
Heute
Morgen im Büro habe ich noch mehr erfahren. Es ist ein Zug mit
radikalen Zulu Anhängern nach Gauteng unterwegs, wahrscheinlich nach
Johannesburg und Pretoria. Anzio, unser Mitbewohner, ist wie viele
andere sehr besorgt um die Sicherheitslage. „Ich kann euch nur
davon abraten am Wochenende aus der Wohnung zu gehen. Das sage ich
nicht nur euch sondern auch allen meinen Freunden und meiner Familie.
Ich kann es euch nicht verbieten raus zu gehen, doch mache ich mir
sorgen.“ Ein weitere Mitarbeiter traut sich nicht mehr mit seinem
Auto durch die Stadt zu fahren, da er ein Kennzeichen aus Botswana
hat, selbst der Security Angestellt der bei uns unten im Haus sitzt
fühlt sich nicht sicher. Dazu kommt eine mehr oder weniger
offizielle Bombendrohung von Boko Haram in der erwähnt wird, dass
sie handeln werden, falls sich die Lage in Süd Afrika nicht in den
nächsten 24 Stunden verbessert hat. Mir machen diese sachen
natürlich auch Angst, doch solange ich keine Nachrichten von der
Deutschen Botschaft in Pretoria bekomme, ist die Lage für mich noch
recht sicher. Natürlich bin ich sehr vorsichtig und werde mich nicht
in Gefahr begeben, bitte macht euch keine Sorgen. Ich informiere mich
zur Zeit bei nahe zu jeder Aktion bei meinem Südafrikanischen
Mitmenschen, ob es ein Sicherheitsrisiko gibt.
Jedoch
gibt es auch sehr viele Gegenaktionen von WITs und Drama For Life.
Unter den folgenden Links und Hash-Tags (#) bekommt ihr einen kleinen
Einblick. https://www.facebook.com/witsdramaforlife?fref=ts
#XenophobicAttacksSouthAfrica
#NotInOurName #XenophobiaSA .
Vorletzten
Donnerstag hat DFL in der wöchentlichen Townhall auch an das Al
Shabab Attentat in der Universität von Garissa erinnert bei dem
durch die vier Attentäter 148 vorwiegend Christliche StudentInnen
getötet wurden. Der Hash-Tag #148IsNotJustANumber macht darauf
aufmerksam, dass dieses Attentat nicht wie gewöhnlich einfach zu den
Akten gelegt werden kann und die Zahl 148 in irgend eine Statistik
einfließt. #KenyaMassacre
#GarissaAttack
Zum
Thema Boko Haram möchte ich nochmal darauf aufmerksam machen, dass
schon 368 Tage vergangen sind seit die 273 Nigerianischen
Schulmädchen gekidnappt wurden. #bringbackourgirls
Dieses Thema wurde mittlerweile nahezu komplett aus den Nachrichten
verdrängt !
Diese
ganzen schrecklichen Nachrichten erinnern mich ein wenig daran, was
gerade in Deutschland für eine Stimmung herrscht. Asylantenheime
werden Abgebrannt und es wird immer schwieriger überhaupt Asyl in
der EU zu bekommen. Bürgermeister treten aufgrund von belästigungen
durch Rechtsaktivisten von ihrem Amt zurück! Bitte denkt beim Lesen
dieses Textes daran dass wir alle Menschen sind. Wir bezeichnen uns
als Homo Sapiens. Doch kein Anderes Tier ist so dumm und schlachtet
sich aufgrund so nebensächlicher Sachen wie der formellen
Staatsangehörigkeit ab! Ich möchte mir nicht vorstellen wohin diese
globalen Tendenzen führen sollen.
Schließlich
ist mir noch eine große Bildungslücke aufgefallen. In unserer
Schullaufbahn wird NIE über den Genozid 1994 in Ruanda gesprochen.
Bis ich vor kurzem ein Theaterstück über das geschehen gesehen
hatte und im Rahmen der Townhall an den 21. Jahrestag erinnert wurde
wusste ich nichts davon. #RwandaGenocideRemembered
Wenn man überhaupt über Geschichte nach dem Mauerfall spricht,
spricht man über das Ende der Apartheid aber nicht über Ruanda. Ich
fände es sehr schön, wenn die Damen und Herren im Kultusministerium
beim Planen des Curiculums für Geschichte/Politik auch auf nicht
Europäische weltbewegende Ereignisse achten würden. Ebenfalls das
Thema Apartheid findet sehr wenig Erwähnung im Unterricht. Von
Themen wie „Chritical Whiteness“ mal ganz zu schweigen :X ;)
Ich
halte euch auf dem Laufenden über die entwicklungen in Johannesburg
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